Gute Erfahrungen mit der Nutzung von LNG – aber noch einige Herausforderungen
Reederei- und Werftvertreter bewerten den Einsatz von Flüssigerdgas (LNG) als Schiffstreibstoff als einen Erfolg. Das wurde am Donnerstag bei der Veranstaltung „LNG-Anwendung in der Schifffahrt – Erfahrungen aus der Praxis“ im Maritimen Kompetenzzentrum (MARIKO) in Leer deutlich. Rund 150 Teilnehmer tauschten sich bei der Veranstaltung über Vor- und Nachteile von LNG aus. Allerdings braucht es aus Sicht der Unternehmer zusätzliches Fördergeld als Anschubhilfe – und die LNG-Infrastruktur an den Häfen muss dringend entwickelt werden.
In einem moderierten Fachgespräch mit den „First Movern“ standen die Erfahrungen mit der Nutzung von LNG als Kraftstoff im Mittelpunkt. Claus Hirsch von der Reederei AG Ems aus Emden berichtete von seinen Erfahrungen mit den Fahrgastschiffen MS „Ostfriesland“ und MS „Helgoland“. Die Reederei hatte die Borkumfähre MS „Ostfriesland“ als erstes bestehendes Schiff bundesweit auf LNG umrüsten lassen. Die im vergangenen Jahr in Betrieb genommene MS „Helgoland“ war der erste Schiffsneubau mit LNG-Antrieb unter deutscher Flagge. „Wir haben viel Neuland betreten“, sagte Hirsch, „Aber viele Akteure haben uns hilfreich unterstützt.“
Die Erfahrungen seien durchweg positiv, sagte Hirsch. Die MS „Ostfriesland“ habe mit dem vorherigen Schiffsdiesel-Antrieb stark gerußt, was nun nicht mehr der Fall sei, weil LNG deutlich abgasärmer und sauberer verbrennt. „Jeder Fahrgast, der früher schon einmal mit uns gefahren ist, sieht und würdigt, dass das jetzt kein Problem mehr ist“, sagte Hirsch. „Die Kinderkrankheiten haben wir inzwischen abgearbeitet.“ Die Wartung sei nicht intensiver als vorher. Das sagte auch Gerhardt Untiedt von der Meyer Werft aus Papenburg. „Die Intervalle zwischen den Wartungszeiträumen werden in der Regel sogar länger.“ Die Meyer Werft plant und baut aktuell sechs Schiffe mit LNG-Technologie.
Deutlich wurde in der Diskussion aber auch, dass dringend Anlagen notwendig sind, um die Schiffe in den Häfen auch mit LNG betanken zu können. Bislang werden die Schiffe der AG Ems mit Hilfe von Lastwagen betankt, die dafür extra von Rotterdam nach Emden fahren. „LNG muss direkt zum Schiff kommen“, forderte Paul Melles von der Rederij Doeksen aus Harlingen (Niederlande). Sonst komme es immer wieder zu teuren Ausfallzeiten.
Christian Hoepfner von der Reederei Wessels aus Haren (Ems) wies außerdem darauf hin, dass weitere Förderungen für den Aus- und Umbau dringend notwendig seien. Dies ist eine Forderung, die auch der Verband Deutscher Reeder seit dem vergangenen Jahr immer wieder erhebt. Die Reederei rüstet aktuell das Containerschiff MS „WES Amelie“ auf LNG um. Ein Schiff mit LNG-Antrieb zu bauen, sei aktuell 20 bis 30 Prozent teurer als ein Schiff mit herkömmlichem Antrieb, sagte er. Ohne eine Förderung sei vor allem eine Umrüstung kaum realistisch.
In einem Vortrag stellte Achim Wehrmann (Unterabteilungsleiter Schifffahrt im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) die neue LNG-Förderrichtlinie des Bundes vor. „LNG steht für uns als Bund vorne“, sagte Wehrmann. Die Richtlinie solle in Kürze umgesetzt werden. Sie bezieht sich ausschließlich auf Seeschiffe, doch auch Binnenschiffe können eine Pilotförderung bekommen. Durch die Förderrichtlinie solle die Nachfrage nach LNG erhöht und somit indirekt auf die Infrastruktur eingewirkt werden. „Wir warten jetzt ab, wie die maritime Wirtschaft, die Länder und die Häfen reagieren“, sagte er.
Die MARIKO GmbH hat aktuell eine LNG-Potenzialstudie für Nord- und Ostsee ausgeschrieben. „Wir werden die Studie in Kürze beauftragen“, stellte Geschäftsführerin Katja Baumann in Aussicht.
Die Präsentationen zur Veranstaltung finden sie in unserem Downloadbereich unter: PRÄSENTATIONEN: LNG Anwendung in der Schifffahrt – Erfahrungen aus der Praxis.