Maritime Brennstoffzellensysteme – Entwicklungsstand und Perspektiven
Brennstoffzellensysteme durch viele Hebel in den Markt bringen
Brennstoffzellen insbesondere für den Einsatz von Methanol werden sich in Zukunft auf den Schiffen etablieren. Das wird aber nicht von heute auf morgen gehen, so die einhellige Meinung der Referenten der Veranstaltung im Maritimen Kompetenzzentrum Leer. Dazu bedarf es noch vieler weiterer Schritte, um die Technologiereife zu erhöhen, die Lebensdauer zu verlängern und die Kosten zu senken. Wir brauchen „first mover“, die bereit sind in die Technologie zu investieren und ihren Erfahrungsschatz mit der Branche zu teilen, so der Konsens aus der Diskussion mit den Rund 100 Teilnehmerinnen der Veranstaltung.
Brennstoffzellensysteme und ihre Anwendungsmöglichkeiten
Søren Kildedal aus Dänemark präsentierte das Brennstoffzellensystem von Advent Technologies, das auf einer kompletten Integration aller für den Betrieb notwendigen Komponenten in einem Modul basiert. Grundlage ist die Hochtemperatur PEM (HT-PEM) Brennstoffzelle, die in diesem Fall mit Methanol betrieben wird. Die wesentlichen Baugruppen wie Reformer, Stack und Leistungselektronik sind in dem Modul vereint und ergeben pro Einheit 5kW elektrische Leistung bei einer erreichbaren Effizienz von 45%. Durch die Kombination von mehreren Modulen lässt sich die Leistung schrittweise auf die gewünschte Leistung erhöhen. Advent arbeitet bereits seit über zehn Jahren an Modulen für die maritime Branche und befindet sich kurz vor der Markteinführung.
Anwendungsmöglichkeiten von kleineren Brennstoffzelleneinheiten gibt es auf Binnenschiffen, Arbeits- und Hafenbooten. So wird derzeit die Umrüstung des Binnenschiffes „MS Maas“ mit einem Hybridantrieb aus Batterien und Brennstoffzellen durchgeführt, von dem Hendrik Sandkötter von der August Storm GmbH & Co. KG berichtete. Das Projekt setzt hierbei auf PEM-Brennstoffzellen, die mit reinem Wasserstoff angetrieben werden. Leo van der Burg von FME zeigte weitere Anwendungsbeispiele, die derzeit in den Niederlanden im Programm „GreenShipping Waddenzee“ basierend auf Brennstoffzellen umgesetzt werden. Hierzu zählen u.a. kleine Einheiten wie Wassertaxis oder Motor- und Segelboote aber größere Einheiten wie Arbeitsboote, Baggerschiffe oder Fischkutter.
Megawattsysteme und Regulatorik im Überblick
Die Firma Freudenberg arbeitet derzeit an verschiedenen heavy-duty Anwendungen für Brennstoffzellen. Busse und LKWs bilden die Basis, zu der nun die Hochseeanwendungen hinzukommen. Frederic Moeris berichtete, dass alle Brennstoffzellensysteme auf der PEM-Technologie basieren und mit reinem Wasserstoff arbeiten. Für die Schifffahrt wird auf Reformer zur Umwandlung von LNG und Methanol gesetzt, um wiederum reinen Wasserstoff für die Stacks, die in allen Anwendungen gleich sind, zu nutzen. Die Entwicklung geht schrittweise voran: nach ersten Testanwendungen soll nun die erste Nutzung von Brennstoffzellen und Batterien für die Hotellast eines Kreuzfahrtschiffes zum Einsatz kommen, Ende des Jahrzehnts soll der Gesamtbetrieb von den Systemen abgedeckt werden können. Der Aufbau einer Produktionsstätte für die Abdeckung des Megawattbereichs ist bis 2025 geplant.
Einen kompakten Überblick über den aktuellen Stand der Regelentwicklung für die See- und Binnenschifffahrt gab Daniel Sahnen von der MEYER WERFT im Namen des Clusters „e4ships“. Auf IMO-Ebene hat sich für die Nutzung von alternativen Kraftstoffen schon einiges getan, es existieren jedoch noch einige „Interim-Guidelines“, die für eine sinnvolle Anwendung inhaltlich noch ausgearbeitet werden müssen. Hierfür ist es wichtig, auf möglichst viele Pilotprojekte zurückgreifen zu können, die Lösungswege aufzeigen. Hemmnis bei der Regulierung auf IMO-Ebene sind bekannterweise die vielfältigen Interessenslagen der beteiligten Staaten. Die Regeln für die Nutzung von Brennstoffzellen und alternativen Kraftstoffen in europäischen Binnengewässern werden von der CESNI betreut. Brennstoffzellensysteme sind bereits abgedeckt, die Vorgaben für Brennstoffe wie Methanol und Wasserstoff befinden sich allerdings noch in der Entwicklung, was den derzeitigen Einsatz erschweren kann.
Was es für einen Markteinstieg von Brennstoffzellen braucht
Die Referenten und Teilnehmer diskutierten im Anschluss an die Vorträge die Frage, worauf es bei der Markteinführung von Brennstoffzellensysteme in der Schifffahrt ankommt. Wesentliche Erkenntnisse sind die Folgenden:
- Kunden und Werften brauchen Verlässlichkeit und ausgereifte Systeme (nach Möglichkeit TRL 9)
- Es muss in Forschung und Entwicklung investiert werden, um u.a. die Volumeneffizienz der Systeme und ihre Lebensdauer zu steigern
- Methanol und (synth.) LNG werden sich gegenüber reinem Wasserstoff durchsetzen (auch weil Versorgungsinfrastruktur viel leichter aufzubauen ist)
- First-Mover müssen in ihren Aktivitäten unterstützt werden und zwar nicht nur ideologisch sondern finanziell und durch eine aktive Mitarbeit der Klassen und Flaggen
- Die Kosten der Brennstoffzellensysteme müssen durch eine weitestgehende Standardisierung reduziert werden
Über das Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen
In Anerkennung ihrer Verantwortung für Wirtschaft und Umwelt hat die Landesregierung das Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen an den Standorten Leer und Elsfleth auf den Weg gebracht, das gezielt und bedarfsgerecht die aktuellen und wichtigen Fragestellungen aufgreift, bewertet und mögliche Lösungen im Themenfeld GreenShipping entwickelt. Dabei wurden umfangreiche Vorarbeiten des Maritimen Strategierates Weser-Ems berücksichtigt. Es geht darum, die verfügbaren fachlichen Kompetenzen mit den relevanten Problemen in Deckung zu bringen und im Rahmen von Projekten bedarfsgerecht auf höchstem technischem Niveau einer Lösung zuzuführen. Mit dem Kompetenzzentrum für GreenShipping stellt sich Niedersachsen den konkreten Herausforderungen, Bedingungen und Wünschen der maritimen Wirtschaft mit dem Ziel, Schifffahrt zu wirtschaftlichen Bedingungen ressourcenschonender und umweltfreundlicher zu gestalten. Dabei soll das Kompetenzzentrum für GreenShipping Niedersachsen bei Umweltproblemen branchenübergreifend den Dialog mit den Beteiligten suchen und Lösungsoptionen koordinieren. Auf der Grundlage einer leistungsfähigen Infrastruktur kann das Kompetenzzentrum zudem eine Plattform für anwendungsorientierte Forschung bieten. Das vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur geförderte Projekt wird von der MARIKO GmbH, dem Maritimen Cluster Norddeutschland e. V. (MCN e. V.), der Hochschule Emden/Leer, der Jade Hochschule, der Fraunhofer Arbeitsgruppe Nachhaltige Maritime Mobilität (Kooperation des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme IWES und der Hochschule Emden / Leer) und dem DLR-Institut Systems Engineering für zukünftige Mobilität gemeinsam realisiert.